Deutschland trockent aus: Pflanzen vertrocknen, Flüsse haben kaum noch Wasser.
Die Wasserkrise wird zur Energiekrise
Seit Monaten hat es in Deutschland nicht mehr richtig geregnet. Die Landwirtschaft beklagt Milliardeneinbußen, Experten sehen Gefahren für Kraftwerke, Wälder und Häuser. Ein Ende der Dürre ist nicht absehbar.
Es sind Tropfen auf den heißen Stein, buchstäblich. Die Gewitterschauer, die in diesen Tagen über Deutschland niedergehen, bringen ein kleines bisschen des ersehnten Regens – aber gegen die große Dürre, die das Land gepackt hat, vermag das so gut wie gar nichts auszurichten. Noch nie hat es in Deutschland von April bis Juli so wenig geregnet wie in diesem Jahr, und es ist kein Ende in Sicht. Was, wenn es weiter trocken bleibt – bis Ende September, bis in den Oktober, ja vielleicht sogar bis in den November? Viele Forscher halten das in diesen Tagen für möglich.
„Das wäre rekordverdächtig“, sagt Dieter Gerten vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung. Aber es sei nicht undenkbar. Und Hydrologin Kerstin Stahl von der Universität Freiburg warnt: „Alle Effekte, die wir bereits sehen, würden sich dadurch weiter verstärken.“
Diese Effekte sind zum einen das, was jeder sieht: vertrocknete Getreidefelder, die den Landwirten Missernten bescheren, ausgedörrte Flussbetten, die Schifffahrt und sogar die Wasserkühlung von Kraftwerken schwierig machen, Badeverbote in „umgekippten“ Gewässern, hier und da erste Trinkwasserknappheit. All das würde sich weiter verschärfen und verstärken.
Wälder werden zu Klimakillern
Aber auch Unsichtbares wie drohende Landsenkungen des völlig ausgetrockneten Bodens stünde in manchen Regionen bevor – Wasserrohrbrüche und Schäden an Häusern wären die Folge, wie es Frankreich und die Niederlande im Supersommer 2003 erlebt haben. Und wenn die Dürre weiter anhält, werden die Wälder – eigentlich unsere Luftreinigungseinheiten Nummer eins – plötzlich zu Klimakillern. „Wenn den Bäumen Wasser fehlt, findet tagsüber kaum Fotosynthese statt, bei der ja Kohlenstoffdioxid verbraucht wird“, erklärt Andreas Marx vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ). Nachts werden die Wälder dann zur CO2-Schleuder: Die Bäume atmen das Treibhausgas aus – und nicht zu knapp. „2003 haben die Wälder netto so viel CO2 ausgestoßen, wie sie sonst in drei Jahren speichern“, sagt Marx.
Besonders hart würde anhaltende Trockenheit aber die Landwirte treffen. Denn im Oktober, spätestens im November, müssen sie das Wintergetreide aussäen, das mangels Wasser nicht aufgehen könnte. Im schlimmsten Fall würden ihnen also drei aufeinanderfolgende Ernten fehlen, erläutert Marx. Auch die Waldbrandgefahr wird übrigens nicht geringer, nur weil es inzwischen nicht mehr brüllend heiß ist – das knochentrockene Laub und die Äste brennen wie Zunder, ein Funke genügt, um die Katastrophe auszulösen.
Die Landeszeitung, LZ Online 14.08.2018